Er ist klein, schnittig und relativ günstig. Der elektrische Piaggio 1. Anders als bei der “großen” Schwester Vespa Elettrica, spricht der italienische Hersteller mit dem Piaggio 1 nicht speziell die Fans der Traditionsmarke Vespa an, sondern hat ganz klar den Massenmarkt der Elektroroller im Blick. Und das ist auch absolut richtig und sinnvoll. Denn Elektroroller – und besonders die kleinen kostengünstigen 45ccm Modelle – sind die wirklichen urbanen Alternativen zum Auto. Kompakte, wendige und verbrauchsarme Fahrzeuge für (fast) alle. Zudem ist neben dem Fahren auch das Parken kein Problem mehr.
Gut und Günstig
All das vereint der Piaggio 1 zu einem Einstiegspreis von 2.690 EUR (UVP). Die Version Piaggio 1+ bietet mit einem 2,3 kWh starken Akku eine erweiterte Reichweite für 3.090 EUR und der Piaggio 1 Active mit stärkerem Motor und einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h kostet 3.290 EUR und richtet sich an Besitzer eines A1 Führerscheins oder der Erweiterung B 196.
Optisch sind alle Versionen identisch, lediglich der Piaggio 1 Active signalisiert durch kleine rote Zierstreifen an der hinteren linken Radaufhängung seine stärkere Leistung.
Technisch gibt es natürlich mehr oder weniger kleinere Unterschiede. Während im Piaggio 1 ein 1,2 kW (1,6 PS) Motor mit einem 85 Nm Drehmoment werkelt, welcher von einem 29 Ah, 48 V starken Akku mit Strom versorgt wird und damit eine Geschwindigkeit von 45 km/h für eine Strecke von maximal 55 Km erreicht, bietet die 1+ Variante durch den Einsatz eines 48 Ah Akkus eine erhöhte Reichweite von maximal 100 Km.
Der Piaggio 1 Active arbeitet mit einem 2,1 kW Motor mit einem Drehmoment von 90 Nm und kommt mit seinem 48 Ah Akku auf 60 Km/h und einer Reichweite von maximal 85 Km.
Das alles sind natürlich die Herstellerangaben und entsprechen zumindest in Sachen Reichweite nicht unbedingt der Realität. Zum einen weil Piaggio mit zwei Fahrstufen (Eco und Sport) – und einem Rückwärtsgang – arbeitet, wobei die angegebene Reichweite immer nur im Eco Modus erreicht wird, zum anderen macht es natürlich auch einen Unterschied ob der Roller ein Gewicht von 60 Kg oder stattlichen 90 Kg oder mehr bewegen muss. Auch Temperatur und Wind wirken sich auf die Reichweite aus. Aber grundsätzlich sind die Piaggio 1 Roller für den Einsatz in der Stadt gemacht. Und da sollte es zumindest mit dem Piaggio 1+ keine Reichweitenprobleme geben. Zudem sind die Akkus herausnehmbar und können somit an jeder normale Steckdose geladen werden.
Ich habe mir für eine Probefahrt einen Piaggio 1+ von Vespa König in Berlin geschnappt und ihn im städtischen Berufsverkehr, sowie im etwas weniger frequentierten näheren Umland auf Alltagstauglichkeit getestet.
Zunächst ist mal wichtig, das ich 1,81 m groß und rund 90 kg schwer bin. Das muss der kleine 1,2 kW Motor erstmal stemmen. Und das macht er relativ gut. Zumindest im reinen Stadtverkehr beschleunigt der Roller ausreichend zügig auf rund 43 km/h laut Tacho. Ein rasanter Ampelstart gelingt allerdings mit dem Piaggio 1+ nicht. Das mag natürlich auch an meinem Gewicht liegen, ist aber im Vergleich zu den meisten bekannten Sharing Rollern, wie den Govecs von Emmy oder den Gogoros von Tier nicht zu vergleichen. Aber das ist im Stadtverkehr durchaus zu verkraften, da der Roller, wie schon erwähnt zügig genug auf etwas über 40 km/h beschleunigt um im Fließverkehr mit zu schwimmen.
Ein Stadtroller. Kein Landstrassenflitzer
Ganz anders sieht das allerdings auf etwas freieren Straßen aus. Da wird der Piaggio 1 leider eher zum Ärgernis der Hinterherfahrenden. Denn so einfach vorbeiziehen können die Autos hinter einem nicht, dazu ist die Geschwindigkeit von maximal 43 km/h nicht langsam genug. Das nervt vor allem bei hinterherfahrenden LKW, die mitunter sehr dicht heranfahren und ein ungutes Gefühl hinterlassen.
Ebenso ist der Motor bei kleineren Steigungen und Gegenwind auf offenen Straßen schwer beschäftigt das Gewicht vernünftig nach vorne zu schieben. Hier sind dann mit Mühe und Not maximal 30 km/h machbar.
Aber das war es dann auch mit Kritik. Denn wie eingangs erwähnt ist der Piaggio 1 ein reiner Stadtroller. Und das macht er in den Innenstädten mit seinen kurzen Ampelwegen und gegenverkehrslastigen Seitenstraßen sehr gut. Und er ist unglaublich leise.
Ein Roller mit ausreichend Reichweite
Ich bin mit dem Roller 30 Kilometer am Stück gefahren und habe dabei auch rund 30% Akku verbraucht. Piaggio gibt eine Reichweite von 100 Kilometern im Eco- und 66 Kilometern im Sportmodus an. Ich bin überwiegend im Sportmodus gefahren, da der einzige wirkliche Unterschied zum Ecomodus die Endgeschwindigkeit ist. Diese ist beim Eco ziemlich genau 30 km/h. Die Beschleunigung ist in etwa identisch. Ich denke, dass die 66 Kilometer im Sportmodus realistisch sind, da der Akku nach hinten raus sicherlich noch etwas stärker abnimmt. Von 100 auf 70% konnte ich keinen spürbaren Leistungsverlust feststellen.
Zusätzlich gibt es noch den Rückwärtsgang. Der ist sanft in der Beschleunigung und für besonders zierliche Menschen bei engen Parkmöglichkeiten sicherlich eine Hilfe. Einen Seitenständer fehlt, das Aufstellen auf den Hauptständer ist aber wirklich einfach zu bewerkstelligen.
Geladen habe ich den Akku nicht, allerdings probehalber entnommen. Der Rund 15 Kg schwere Energiespender lässt sich einfach abstöpseln und herausziehen. Mit dem mitgelieferten Ladegerät soll der Akku in rund 6 Stunden wieder aufgeladen sein. Da die Batterie aber selten vollständig entleert wird und wie bei allen wiederaufladbaren Geräten auch nicht unbedingt ständig zu 100% geladen werden sollte, werden hier durchaus auch deutlich kürzere Ladezeiten möglich sein. In wie weit sich das sogenannte Kinetic Energy Recovery System (K.E.R.S.) auf die Reichweite Auswirkt kann ich leider nicht sagen. Man spürt aber deutlich die zusätzliche Bremskraft (ähnlich wie die Rekuperation beim E-Auto) und sieht auch die optischen Hinweise in Form zweier Balken die ein Aufladen des Akkus signalisieren.
Fazit
Zusammenfassend ist der Piaggio 1 Elektroroller ein richtig tolles Gerät für die kurzen bis mittelangen Strecken in der Stadt. Auch mit einer Körpergröße über 1,80 und auch für Personen bis zu 100 Kg – mit kleineren Abstrichen in der Leistung – zu empfehlen. Für einen Preis von 2.700 – 3.300 EUR erhält man zudem eine Qualität wie man sie aus dem Hause Piaggio erwarten kann, aber in der Preisklasse sonst eher selten findet. Wer allerdings einen Ampelsprinter erwartet, sollte lieber zu anderen Rollern mit einer höheren Motorleistung greifen. Diese kosten dann allerdings zumeist mehr und bieten kaum ein so gutes Gesamtpaket wie der Piaggio 1.
Ich bedanke mich an dieser Stelle bei Vespa König in Berlin, die mir diesen Test dank einer unverbindlichen Probefahrt ermöglicht haben. Auf meine Meinung hatte das allerdings keinen Einfluß und der Link ist auch kein Affiliate Link.